Not My President

Im November 2022 stehen auf einem NoFV-Verbandstag Neuwahlen für das Amt des Präsidenten an. Der amtierende stärkste Mann – Hermann Winkler – wird erneut kandidieren. Dem Kicker sagte er: „Ja, ich werde kandidieren. Mir macht die Arbeit als NOFV-Präsident unheimlich Spaß und ich sehe sehr viel Potenzial, den Fußball weiterzuentwickeln“. Nur ist das Präsidentenamt im größten Fußballverband des Ostens kein Praktikum bei Papa – daher sei die Frage erlaubt, kann er den Fußball im Osten weiterentwickeln? Und was hat Winkler bis jetzt eigentlich erreicht?

Wer ist Hermann W.?

Winkler war schon oft Thema in unserem Blog. Denn, wenn es um den NoFV geht, kommt man an Winkler nicht vorbei. Im Januar 2021 widmete sich @chemieblogger dem damals frischgebackenen NoFV-Präsidenten genauer. Daher halte ich die Vorstellung des Fußball-Strombergs kurz.

Paul Hermann Winkler wurde am 22. April 1963 im sächsischen Grimma geboren. Im Jahre des Herren 1988 trat er in die CDU der DDR ein. Nach der Wende nahm seine politische Karriere erst richtig fahrt auf. Die Liste seiner begleiteten Ämter wäre länger als eine Liste von Heiner Backhaus‘ Karrierestationen. CDU-Kreisvorsitzender des Muldentals, Vorsitzender der jungen Union, Generalsekretär der sächsischen Union, Verwaltungsratmitglied der Landesbank Sachsen, Mitglied des sächsischen Landtags, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Chef der sächsischen Staatskanzlei, Mitglied des europäischen Parlaments. Im Januar 2019 war dann erstmal Schluss mit Parteipolitik. Seit 2016 war Winkler bereits Präsident des sächsischen Fußballverbandes (SFV). Nach dem Tod von Erwin Bugar übernahm Winkler im Januar 2021 erst die kommissarische Präsidentschaft im NoFV, ab dem 21. Januar 2021 bestätigte eine außerordentliche Wahl Winkler als Präsident. Am 29. Januar des selben Jahres wurde er gar zum kommissarischen DFB-Vize-Präsidenten bestimmt, worin er am 10. März 2022 bestätigt wurde. Winkler hat bis heute alle 3 Ämter inne – auf Landesebene, Regionaler Ebene und Bundesebene. So viel Macht hat kaum ein anderer Fußballfunktionär in Deutschland.

Herrmann Winkler ist der mächtigste Mann im Fußball-Osten – Bildquelle: rbb

Nun könnte man meinen bei jemandem wie Winkler, der über Jahre in der großen Politik präsent war, ist diese Macht zumindest nicht allzu schlecht aufgehoben. Nun ja, Winkler fiel schon zu seiner aktiven Politikerzeit öfter mit wirren Aussagen und kruden Thesen auf. Beliebtestes Beispiel dafür ist sein Flirt mit der AfD. „Wenn es eine bürgerliche Mehrheit gemeinsam mit der AfD gibt, sollten wir mit ihr koalieren“, sagte Winkler im Oktober 2016. Deutschland steuere sonst auf eine „linke Republik“ zu. 2019 distanzierte er sich zwar mit den Worten: „Mit der heutigen AfD sehe ich keinerlei Möglichkeit der Zusammenarbeit.“. Immerhin. Allerdings hatte sich die AfD in diesen 3 Jahren kaum verändert.

„Wenn es eine bürgerliche Mehrheit gemeinsam mit der AfD gibt, sollten wir mit ihr koalieren.“

Herrmann Winkler im Oktober 2016 in einem Interview mit der „super illu“

Am 10. Juni 2015 stimmte er als einziger CDU-Abgeordneter im Europäischen Parlament gegen eine Entschließung „Über den Stand der Beziehungen zwischen der EU und Russland“, in der geäußert wurde, dass „Russland zu diesem Zeitpunkt, nicht mehr als ‚strategischer Partner‘ behandelt oder angesehen werden kann“. „Man müsse ein Grundverständnis für Russland entwickeln“, sagte Winkler. Eine Ansicht, die er bis heute zu teilen scheint. Aber dazu später mehr.
Die Gegenstimme Winklers zeigt deutlich, er ist jemand der auch gerne gegen den Strom schwimmt – wenn auch in eine rechtspopulistische Richtung. Am 26. März 2019 stimmte Winkler zunächst als einziger von 34 Abgeordneten aus CDU-/CSU-Fraktion gegen die geplante Urheberrechtsreform „Artikel 13„. Später korrigierte Thomas Mann sein Abstimmungsverhalten ebenfalls zu einer Gegenstimme. Winkler wurde damals dafür im Netz gefeiert.

Abseits der Verbände ist es ruhig um Winkler geworden. Im Sommer 2019, nach dem bisher schlechtesten Wahlergebnis der CDU (bei der Europawahl), schied Winkler aus der Politik aus. Im Januar 2021 wurde er zum Regionalbeauftragten für Flughafenentwicklung am Flughafen Leipzig/Halle ernannt. Ob er dieses Amt mittlerweile auch noch begleitet ist nicht bekannt. Anders als sein Wirken als Unternehmensberater dem Winkler nun nachgeht.

Ihr seht schon. Winkler polarisiert. Gerne auch im eigenen Lager. Doch nun wird es Zeit auf seine Taten im NoFV zu blicken.

Perspektivlos durch die Corona-Krise

Zu Beginn der Corona-Krise war Winkler nur Vize-Präsident des NoFV. Daher möchte ich den Beginn von Corona im NoFV-Gebiet nicht weiter thematisieren. Am 20. Dezember 2020 starb der bisherige Präsident Erwin Bugar plötzlich und unerwartet im Alter von 68 Jahren. Winkler übernahm daraufhin die kommissarische Präsidentschaft, in der er bekanntlich im Januar auch per Wahl als vollständiger Präsident bestätigt wurde. Viele Vereine – auch die BSG Chemie – begrüßten die Wahl des damals 57-jährigen. Im Chemischen Element herrschte seit jeher Misstrauen. Winklers Vergangenheit war einfach zu rechtspopulistisch für das Verständnis eines/einer Chemiker:In.

Dennoch dachten viele, dass Winkler noch genügend Kontakte aus Politzeiten hätte. Gerade in der Corona-Zeit sicherlich gut zu gebrauchen. Denn Winklers erste Saison als Präsident war nach 2 abgebrochenen Saisons eine wichtige. Hatte der NoFV endlich aus den Fehlern der Vorsaisons gelernt? Spoiler: Nein!

Der Rahmenspielplan 2021/22 sah auch diesmal nicht wirklich vor, was den Vereinen blüht, falls das Virus nochmal zuschlägt. Auch in der Spielordnung wurde wenig getan, so dass weiterhin nicht klar geregelt war, wann ein Spiel verschoben werden dürfe, wenn Coronafälle in einer Mannschaft auftraten oder wie mit eventuellen Zuschauerbegrenzungen und Ausschlüssen umgegangen werden würde. Und so kam es wie es kommen musste, die Fallzahlen in Sachsen explodierten förmlich, so dass sich die sächsische Landesregierung gezwungen sah, bei Großveranstaltungen jegliche Zuschauer:Innen zu verbieten. Das betraf zu diesem Zeitpunkt immerhin 5 Vereine, also 25% der Liga. Diesen 5 Vereinen fehlten auf nicht absehbare Zeit Zuschauer- und Cateringeinnahmen.

Regionalligafußball in der Corona-Zeit ist ein komplexes Thema | Bildquelle: Hoellenreiter

Und was macht der NoFV? Bestimmt hilft er den Vereinen die ungerecht benachteiligt werden und bietet und erörtert gemeinsame Lösungen? Nö.
Die BSG Chemie beantragte aufgrund eben jener fehlenden Einnahmen die Verlegung der 3 Heimspiele, die bis zum Jahreswechsel 21/22 stattfinden sollten. Der NoFV lehnte dies ab. Die Begründung ließ die BSG (Zitat) „stutzig bis ratlos“ zurück.

Keine Woche zuvor war Winkler in der Halbzeitpause des Leipziger Stadtderbys beim MDR am Mikro. Er schwafelte viel halbseidenes. Das Damoklesschwert der Politik hinge über der Regionalliga. Immerhin erreichte der NoFV einen Profistatus für die Regionalliga Nordost, was bedeutete, dass die Liga auch in einem Lockdown den Spielbetrieb fortsetzen kann. Trotzdem äußerte sich Winkler wohlwollend über Lösungen für die sächsische Vereine um die Benachteiligung möglichst klein zu halten. Eine Woche später? Davon keine Spur mehr.
In einem Blogartikel aus dem November 2021 berichtete @tasmane1985 über den damaligen Status Quo im NoFV. Dieser sei euch an der Stelle auch nochmal zum Nachlesen empfohlen.

Winkler und seine Schergen hatten Glück, dass zum Rückrundenstart in Sachsen wieder Zuschauer zugelassen waren. Der Schaden war also relativ gering, auch wenn das nicht eingenommene Geld den Vereinen nie jemand in die Vereinskasse legen wird. So war aber die Empörung nicht mehr allzu groß, insbesondere da die BSG dank einer Spielabsage wegen Unbespielbarkeit des Platzes das Heimspiel gegen Meuselwitz mit ins neue Jahr nehmen konnte. Und tatsächlich verlief die Rückrunde in Sachen Corona ohne nennenswerte Ausbrüche. Man darf aber schon jetzt gespannt sein, was der Herbst und Winter im Jahr 2022 im NoFV bringt.

Verpokert bei den TV-Rechten?

Eine der wohl größten Veränderungen in Winklers Amtszeit ist der Wechsel vom MDR zu Ostsport. Im Frühjahr 2021 ließ der MDR verlauten, den auslaufenden TV-Rechtevertrag für die kommende Saison nicht zu verlängern. Der Grund: Die vielen Spielausfälle und das fehlende Konzept des NoFV während des Lockdowns waren für den Mitteldeutschen Rundfunk zunehmend ein Dorn im Auge.

Zugegeben, das Verhalten des MDR ist mindestens genau so peinlich wie das des Verbandes – vollkommen zu Recht ausgefallene Spiele als Hauptgrund zu nehmen, den nicht hoch dotierten TV-Rechtevertrag zu verlängern. Außerdem stellte sich der öffentlich-rechtliche Fernsehsender mit dem Format „Sport im Osten“ gerne als Förderer des Ostfußballs dar. Dennoch war zum Saisonstart 2021/22 Schluss mit den regelmäßigen Regionalliga-Übertragungen des MDR, die zum Beginn der Pandemie geliefert wurden.

Die TV-Türme werden jetzt von Ostsport statt vom MDR besiedelt | Bildquelle: Hoellenreiter

„Ostsport TV“ betrat die altehrwürdige Bühne des Ostfußballs. Was klingt wie ein Telegramkanal auf dem man polnische Ackermatches bestaunen kann, erwarb nun die Übertragungsrechte für die Regionalliga Nordost. Weniger Geld für die Klubs, weniger Sichtbarkeit, das übliche Risiko eines Start-Ups oder aber neue (semi-fanfreundliche) Anstoßzeiten, sorgten gerade im chemischen Element für Misstrauen. Immerhin gab der langfristige Vertrag den Vereinen mehr Planungssicherheit als zuvor. Das war es aber auch beinahe mit den positiven Dingen. Mittlerweile gibt es für ausgewählte Partien gar eine Bezahlschranke, obwohl Ostsport-Chef Heiko Mallwitz im Interview beim chemischen Element ein Jahr zuvor zu Protokoll gab, dass dies keine Option sei. Lustigerweise werden seitdem die BSG Chemie und der FC Carl Zeiss Jena Kritik gegenüber dem neuen Rechteinhaber äußerten, beide Vereine kaum noch gezeigt.

„Es wird definitiv keine Bezahlschranke geben.“

Ostsport-Gründer Heiko Mallwitz in einem Interview mit dem chemischen Element

Und jetzt zum eigentlichen Punkt: Wäre es nicht am Verband und insbesondere auch am Präsidenten, einen für die Vereine der Liga bestmöglichen Rechtevertrag auszuhandeln? Einen Vertrag, der möglicherweise (gerade nach der Corona-Krise) besser dotiert ist als der vorherige. Einen Vertrag, der den Rechteinhaber nicht so viel Macht einräumt, bei Spielansetzungen mitzureden. Aber gut, das wäre vielleicht zu viel von einem Verband und Präsidenten verlangt, der zwar dauernd Lösungen und Hilfen fordert, aber selten eben jene findet, respektive selbst gibt.

Flutlichtzwang für Leutzsch

Eben so erging es auch der BSG Chemie im Sommer 2021 im Thema Flutlicht. Klar, der NoFV hatte zuerst Lösungen und ein Entgegenkommen angeboten, dieses Wohlwollen war dann aber schnell verflogen. Kein halbes Jahr später, nachdem der damals frisch gewählte Präsident sich positiv über das Bemühen für ein Flutlichts äußerte, drohte der Verband mit Zwangsabstieg aufgrund eines nicht regionalligatauglichen Stadions. Chemisches Element berichtete damals.

(mobiles) Flutlicht für Leutzsch! Bildquelle: Höllenreiter

Insbesondere mit dem Hintergrund, den auch der Verband kannte, dass die BSG an bürokratischen Hürden scheiterte (Naturschutzgebiet, nahgelegene Wohnhäuser etc.) ein Affront sondergleichen. Solidarität bekam die BSG einzig und allein vom Berliner AK, der nach neunjähriger Regionalligazugehörigkeit ebenfalls ein Flutlicht ins Berliner Poststadion stellen musste.

Der Aufruhr in Leutzsch war natürlich riesig. In einer Verbandstagung sollte es dann um die Zukunft der BSG Chemie gehen. Vorstandsvorsitzender Frank Kühne brach dafür sogar seinen eigenen Urlaub ab. Sportbürgermeister Heiko Rosenthal wandte sich in einem Schreiben an den NoFV. In diesem Schreiben beteuerte er, dass die Anträge zum Flutlichtbau immer noch bei der Stadt lägen, aber spätestens im Laufe der Saison genehmigt werden können, so dass während der Saison mit dem Bau begonnen werden könnte. Dennoch sprach sich der Spielausschussleiter Uwe Dietrich, ein Mann der ungefähr so aussieht wie er heißt, dafür aus, der BSG die Lizenz für die neue Saison zu entziehen. Ein mittlerweile fast schon ikonisches Zitat von ihm, in Leutzsch habe man mehr in „Beine statt in Steine“ investiert, fiel in dem Zusammenhang. Am Ende einigte man sich immerhin auf einen Kompromiss – bis zum 20.07.2021 brauchte die BSG ein regionalligataugliches Stadion.

In weniger als 30 Tagen stellte die BSG ein mobiles Flutlicht im AKS auf, welches für das Antreten in der Regionalliga berechtigte. Eine Mammutleistung sondergleichen. Natürlich muss man sich auch fragen, ob ein Flutlicht in der vierten Liga überhaupt notwendig ist. Aber dass ist ein ganz anderes Thema, welches ich in dem Umfang erst gar nicht aufmachen will. Fakt ist jedoch, ein Verband sollte die Interessenvertretung aller Vereine im betreffenden Gebiet abbilden, helfend, sowie schützend für sie einstehen. Gerade nach der finanziell nicht rosigen Corona-Zeit. Im NoFV? Fehlanzeige.

Kein Mut zur Regionalliga-Reform

Genau so kopflos agiert der Verband und sein Präsident in Sachen Regionalliga-Reform. Anders als der Präsident des bayrischen Fußballverbandes – Rainer Koch – stellt sich Winkler nicht schützend vor Regionalliga Nordost, wie eine Löwenmama vor ihr Junges. Klar, Koch ist ein Unsympathikus sondergleichen, aber, und so viel muss man ihm lassen, hat er erwirkt dass die Regionalliga seines Verbandes nicht aufgelöst wird.

Winkler hingegen fordert viel, allerdings ohne Nachdruck und noch weniger mit klaren Lösungen. Einst brachte er das Hirngespinst einer 4. Liga unter Dach des DFB ins Gespräch, welches nach der 3. Liga sicherlich gleich die nächste Pleiteliga bedeuten würde. So oder so, der DFB muss auf den Druck der Verbände und Vereine reagieren und das System der Regionalligen mitsamt der Aufstiegsregelung reformieren. An dieser kommenden Reform wird auch der NoFV-Präsident beteiligt sein. Ob Winkler die Interessen der Vereine in seinem Regionalliga-Verband bestmöglich vertreten wird? Naja, das kann ja jeder für sich selbst beantworten.

So sehen die Regionalligen aktuell aus – Bildquelle: Die Falsche 9

Im Februar gründete der NoFV einen Expertenrat um eben auch über die Regionalliga-Reform zu debattieren. Seit der Gründung hat man allerdings eher wenig von diesem Expertenrat mitbekommen und fragt sich: „Was machen die eigentlich?“.

Gleich in der ersten Sitzung gab Winkler natürlich auch einige interessante Zitate zum Besten. „Wer sich dort bewirbt, muss auch gewisse Dinge nachweisen, um sicherzustellen, dass die Klubs auch über entsprechende Finanzmittel verfügen. Es ist leider vorgekommen, dass Vereine zu große Brötchen gebacken haben“ sagte Winkler über ein mögliches neues Lizenzierungsverfahren für die Regionalliga Nordost. Ist ja so schon nicht genug, dass man zwangsläufig nach spätestens zwei Jahren ein Flutlicht im eigenen Stadion benötigt, oder? Und vor allem: welche Vereine meint Winkler?

Mit den Aussagen: „Die Regionalliga ist kein Problemfall, sondern bereits jetzt unser Premiumprodukt. Ich behaupte, wir sind die stärkste Regionalliga von allen fünfen in Deutschland.“ und „Ich möchte, dass aus der Regionalliga perspektivisch – das ist meine große Vision – irgendwann wieder ein Erstligist hervorgeht.“ zeigte sich der ansonsten zurückhaltende Winkler nahe am Größenwahn.

„Die Regionalliga ist kein Problemfall, sondern bereits jetzt unser Premiumprodukt.“

Herrmann Winkler zum rbb im Februar 2022

Winkler scheint genau zu wissen, was er wie sagen muss um zu polarisieren und in den Medien aufzutauchen. Vielleicht gar keine schlechte Eigenschaft für seine Position. Aber weiß er auch endlich für eine Reform einzustehen, deren erster Punkt es nicht wäre, die Regionalliga Nordost aufzusplitten? Das müsste der gebürtige Grimmaer erst noch beweisen – falls er wiedergewählt wird.

Kopflos in die Energiekrise

Genau wie uns alle beschäftigt die Energiekrise auch die Regionalliga Nordost. Die Diskussion im NoFV fing wohl aufgrund des abgesagten Eröffnungsspiels der NoFV Oberliga Süd zwischen dem Regionalligaabsteiger FC Eilenburg gegen Wacker Nordhausen erst so richtig an. Die Stadt Eilenburg sagte das für den 5. August geplante Flutlichtspiel ab – man wolle Energiekosten sparen. In diesen Zeiten verständlich, oder?

Nicht für NoFV-Präsident Herrmann Winkler, der den Schritt der Stadt Eilenburg nicht nachvollziehen konnte. „Der Vereinssport wäre wieder einmal Leidtragender der Versäumnisse der Politik. Nach dem Corona-Lockdown und dem faktischen Sportverbot darf es im Herbst keinen Energie-Lockdown geben“, sagte Winkler. Und fügte nur einen Atemzug später hinzu: „Ich bin es auch leid, immer wieder zu hören, dass daran dieser schreckliche Krieg schuld sei. Nein, daran ist die Bundesregierung zumindest mitschuldig. Ich erwarte Rückendeckung und Mannschaftsspiel von allen politischen Verantwortungsträgern, wenn es um das Sporttreiben, besonders von Kindern und Jugendlichen geht, aber auch für den Spielbetrieb in Regional- und Oberliga“.

Da waren vielleicht sogar auch ein paar wahre Worte dabei. Natürlich sollte es nicht zu einem Ende des Spielbetriebs kommen. Das zu Verhindern ist aber recht simpel. Winkler aber bedient sich lieber wieder mit Kritik an Politik und Bundesregierung. Ein NoFV-Präsident macht im Gegensatz zu „denen da Oben“ ja keine Fehler. Zudem die durchaus abfällige Bemerkung zum Ukraine-Krieg. Winkler weist jedenfalls jede Verantwortung von sich und vom Verband. Sieht so ein reflektierter Präsident aus? Wieso sind Flutlichtspiele überhaupt nötig?

Flutlicht in der Regionalliga Nordost – angeblich notwendig… | Bildquelle: Höllenreiter

In einem anderen vom MDR veröffentlichten Interview warnt Winkler vor „Symbolpolitik“ da „Flutlichtspiele ja gar nicht so viel Strom verbrauchen.“. Fragt sich in welchem Vergleich. Der MDR berechnete den Stromverbrauch eines Flutlichtspiels beim ZFC Meuselwitz. 220 bis 230 KwH – das verbraucht eine dreiköpfige Familie durchschnittlich im Monat. Bei Dynamo Dresden wären es gar 6 Monate Verbrauch bei einem Flutlichtspiel. Des weiteren plädiert der Präsident des größten Fußballverbandes im Osten auf Flutlichtspiele: „Wir brauchen Flutlichtspiele. Gerade im Winter weil wir auch Freitags-, Mittwochs- und Montagsspiele haben.“. Moment Herr Präsident, im Rahmenspielplan sind englische Wochen, also Dienstags- und Mittwochsspiele nicht vorgesehen. Genauso wenig Montagsspiele. Der Gastauftritt des (asozialen) Chemnitzer FC beim VfB Germania Halberstadt an einem Montagabend war lediglich einer Verlegung aufgrund einer Leichtathletikveranstaltung am vorherigen Wochenende geschuldet. Mit etwas mehr Weitsicht hätte man dies als Verband auch besser lösen können. Winkler bedient sich also in seiner Argumentation an einer glasklaren Unwahrheit.

„Fakt ist, wir brauchen Flutlichtspiele!“

Herrmann Winkler in einem Interview mit dem MDR

Dennoch fordert Winkler zwei Sätze später eine Unterstützung der Bundesregierung „unserer Sportvereine“. Eine Forderung nach Hilfe an die selbe Bundesregierung, die Winkler wenige Tage zuvor harsch kritisiert hat? Und hätte Winkler bei seiner politischen Laufbahn nicht genügend Kontakte, die Hilfen offizieller in die Wege zu leiten als mittels eines MDR Interviews, was augenscheinlich auch zwischen Tür und Angel stattgefunden hat? Fragen über Fragen. Doch beantworten wird sie Herrmann Winkler uns vermutlich nicht.

Winkler bedient sich auch im weiteren Verlauf des Interviews einer Bundesregierung, die die Energiekrise verursacht habe und nun den damit entstandenen Schaden ausgleichen solle. Des weiteren habe die Bundesregierung ja ohnehin schon den Sport mit ihren willkürlichen Beschlüssen in der Corona-Zeit geschadet. Dennoch sei man bereit „den Spielplan zu überdenken“. Aber man wolle ja im TV gesehen werden, das sei Werbung für den Ostfußball, daher wäre der Verlust der Freitagsspiele (die gerade sowieso nur als pay per view laufen) ein herber Verlust. Winkler wechselt im Interview auch merklich die Rolle zwischen DFB-Vize-Präsident und NoFV-Präsident. Stets aber mit einer Forderung an den jeweils anderen. Sich selbst nimmt Winkler nie in die Pflicht oder übt gar Selbstkritik. So wirkt das Interview wie die meisten des Präsidenten – substanzlos.

„Ich bin ein Freund des Verursacherprinzips.“

Herrmann Winkler im MDR-Interview über Staatshilfen aufgrund der Energiekrise

Das Interview geht insgesamt acht Minuten und könnte genau so gut auf einer Querdenken-Demo entstanden sein. Lasst euch daher von eurem Schreiberling sagen, schenkt euch diese acht Minuten Lebenszeit.

Zuletzt möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die BSG Chemie Leipzig blicken, da wir ja nun auch endlich ein festes Flutlicht im AKS haben. Nach einer MDR Recherche sprach sich die BSG (ebenso der Ortsrivale, sowie Karl-Marx-Stadt) gegen Flutlichtspiele aus. In Leutzsch rechnet man nach eigener Aussage mit 15.000€ Mehrkosten für Strom und Gas. In Probstheida gar mit 50.000€. So wollen die genannten Vereine gerne auf Flutlichtspiele verzichten. Kurz nach der Veröffentlichung des MDR-Artikels, setzte der NoFV zur Terminierung an – und siehe da, die BSG Chemie empfängt den FC Carl Zeiss Jena zum Flutlichtspiel am Freitagabend. Ein Schelm wer Böses denkt.

„Die Notwendigkeit eines Flutlichtes in der Regionalliga wird unsererseits bereits seit 2020 in Frage gestellt“

Die Antwort der BSG Chemie Leipzig auf die MDR-Umfrage zum Thema Flutlichtspielen
Endlich! Flutlicht in Leutzsch! Bildquelle: Höllenreiter

Die Vereine waren jedenfalls sehr kreativ mit Lösungsvorschlägen. Die Himmelbraunen aus Karl-Marx-Stadt boten frühere Anstoßzeiten aufgrund einer frühen Dämmerung an. Hubert Wolf, Präsident des ZFC Meuselwitz, schlug vor, dass Vereine freiwillig entscheiden sollen, ob sie Flutlichtspiele bestreiten. Martin Mieth, Geschäftsführer am Südfriedhof, brachte sogar einen Spielplan nach Kalenderjahr als Lösung hervor. So, das fassen wir jetzt einmal zusammen: Die Vereine tragen Sorge aufgrund der hohen Energiekosten, bringen sogar noch Lösungsvorschläge, was eigentlich Aufgabe eines (guten) Verbands wäre und positionieren sich (mal mehr, mal weniger) deutlich zum Thema. Und was macht der NoFV? Der macht einen auf „Psycho Andreas“ und schreit „Es bleibt alles so wie es hier ist!“.

Im Juli, kurz vor Saisonstart, sagte Winkler der Zeitung mit den 4 Buchstaben noch: „Es wäre schlimm, wenn die Vereine gezwungen werden, teures Flutlicht anzumachen, um die Spieltage zu schaffen. Die Energiepreise explodieren so doll, dass wir im Prinzip die Vereine damit in die Insolvenz treiben.“.
Zwei Monate später scheint es dem einst so nahbaren, sympathischen und sich für die Vereine einsetzenden Winkler gar nicht mehr so wichtig, ob und wer da insolvent gehen könnte. Es scheint beinahe so als will Winkler den alten Politkollegen nochmal zeigen was er drauf hat. Nochmal den Dicken machen und „denen da Oben“ eins auswischen. Wird das dem Amt eines NoFV-Präsidenten gerecht?

Winklers Social-Media-Game

Zugegeben, auf diesen Teil des Artikels habe ich mich am meisten gefreut. Vielleicht wirkt er nicht so seriös wie der obige Text, allerdings kann man sich auch hier die Frage stellen: Ist das eines Präsidenten würdig?

Es geht um Winklers Instagram-Profil. Früher war der starke Mann des NoFV auch auf Twitter unterwegs, wo er auch schon durch kruden Inhalt und mit Blockierens von Kritikern auffiel (hier nachzulesen), dieses soziale Netzwerk hat Herrmann allerdings offiziell gecancelt. Aber keine Sorge, auch sein Instagram-Profil bietet genug Angriffsfläche.

„Hoffen wir, dass wir diese Saison durchspielen können und uns nicht wieder fragwürdigen politischen Entscheidungen unterordnen müssen“
Mal abgesehen davon, dass die letzte Regionalliga-Saison auch durchgespielt wurde, einzig die sächsischen Vereine benachteiligt wurden, bedient sich Winkler erneut den Narrativ der bösen Bundesregierung.
Seine politische Seite zeigt der ehemalige CDU-Politiker gerne. Wie hier bei einem kontextlosen Cartoon, welches genau so gut in sächsischen Familien-WhatsApp-Gruppen zu finden sein könnte.
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Faschistischen Autokraten danken? Für den Präsident des NoFV gar kein Problem.
Mit faschistischen Autokraten bei Länderspielen posieren? Auch das ist kein Problem für unseren NoFV-Präsident!
„Ohne Worte“ beschreibt es ganz gut.
Klar, darf man. Aber man darf auch als überforderter Präsident aus dem Amt zurücktreten. Warum haben Sie das nicht gemacht, Herr Winkler?
Auch geil wie Winkler in Interviews oder Pressemitteilungen den Medienpartnern der Verbände in den Arsch kriecht und auf Instagram den Content von grenzrechten Telegram-Gruppen gemeinsam hat.
Lange habe ich überlegt wie ich von Winklers Schwurbel Content auf peinliche lustige Schnapp(s)schüsse überleiten kann. Doch ich vergaß die Qualitäten des NoFV-Präsidenten – Herrmann kann doch beides ausgezeichnet!
Was viele hingegen nicht wissen: Herrmann Winkler ist der Dritte im Bunde bei den Amigos.
Auch diesen Schnappschuss kann ich euch nicht vorenthalten. Denn seit diesem Post wird Winkler in Kreisen des CE liebevoll „Hammer Herrmann“ genannt.
Ich kaufe ein „H“.
Hierzu habe ich keinen kessen Spruch parat. Aber das Bild spricht auch so für sich.
„Hallo mein Schatz, Mama und Papa sind gut auf Rügen angekommen. Den ein oder anderen Stau mussten wir überstehen, aber dann konnten wir schon das Wasser antesten. Papa hat natürlich gleich ein Bier getrunken. Jetzt lassen wir noch den Abend mit Tante Annegret in einer Bar ausklingen. Denk dran die Blumen zu gießen!“
Natürlich gibts auch Fußball Content bei Hermi. Ob man allerdings sich als NoFV Präsident so ausdrückt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Als Mann des Volkes, verteidigt Winkler natürlich den kleinen Verein, der einen märchenhaften Aufstieg hinter sich hat, vor den bösen Kritikern.
Joa. Muss ich dazu noch was sagen?

Natürlich ist es kein Verbrechen grenzdebil in die Kamera zu grinsen. Allerdings sollte sich der Vizepräsident des größten nationalen Sportverbands der Welt (!) schon fragen ob es denn notwendig ist, zu zeigen wie viele Schnäpse man gerade getrunken hat oder sich so abfällig über den Ukraine-Krieg zu äußern.

Fazit

So – wer bis hier durchgehalten hat, erstmal Respekt! Alleine bei der Recherche war ich immer wieder kurz vorm Verzweifeln, wenn ich wieder realisierte, wer da eigentlich Präsident im Verband ist, in dem mein geliebter Verein spielt. Interessant hierbei ist jedoch, trotz dessen dass Winkler die Medien, insbesondere die Öffentlich-Rechtlichen immer wieder (oft scharf) kritisiert, kritisieren sie ihn nicht. Winkler ist ein Mann der mit seinen Aussagen bewusst provoziert und auch polarisiert. Aber dass kein offizielles Medium den NoFV-Präsident jemals hinterfragt hat? Durchaus kurios.

Kommen wir zum Fazit. Diesmal halte ich es wirklich kurz, versprochen. Wer Winkler nach alldem noch das Amt des Präsidenten anvertraut, ist vermutlich von allen guten Geistern verlassen. Ein Präsident der die Liga und die Vereine perspektivlos durch die Corona-Zeit geführt hat, der der BSG trotz angeblichem Wohlwollens mit dem Zwangsabstieg gedroht hat, worauf der Verein 100.000€ Euro in eine mobile Flutlichtanlage investieren musste, ein Präsident der sich nicht für seine Staffel im Thema Regionalliga-Reform einsetzt, ein Präsident der, genau wie in der Corona-Zeit, immer nur fordert, fordert, fordert aber eben keine Probleme löst. Vereine boten sowohl jetzt in der Energiekrise, als auch während des Lockdowns Alternativen und Möglichkeiten an, worauf Winkler und der NoFV nichts gaben. Mein Vertrauen und das Vertrauen vieler Chemiker:Innen, sowie vieler weiterer Fans haben sie schon lange verspielt. Sie sind nicht mein Präsident! NoFV!