Flutlichtkampf

Bereits Anfang des Jahres, als der Berliner AK, nach zehnjähriger Bauzeit (!), mit leichter Verzögerung endlich sein Flutlicht fertig gebaut hatte, kam das Thema Umgang mit der Ausnahmegenehmigung des AKS für die BSG Chemie auf. Damals befand man sich in guten Gesprächen mit dem Verband und dort schien Verständnis für die Situation der BSG Chemie vorhanden. In einem Interview legte Präsident Winkler sogar da, dass die BSG sich sehr um das Flutlicht bemühe, aber an bürokratischen Hürden scheitere, was man dem Verein nicht zum Vorwurf machen könne. Man schien auf einem sehr guten Weg.

Der Hammer

Dann wurde es ruhig um das Thema, bis Donnerstag, den 24.6., als die stets gut informierte BILD-Zeitung mit der Schlagzeile aufwartete „Kostet Flutlicht-Streit Chemie Leipzig sogar die Liga?“ und die Leutzscher Anhängerschaft in Unruhe versetzte. Im Artikel wurde dann sinngemäß dargestellt, dass Uwe Dietrich als Leiter des Spielausschusses dem NOFV nahelegte, von Chemie ein spieltaugliches Stadion, welches ein Flutlicht beinhalten müsse, zu fordern oder der BSG die Zulassung für die Regionalliga zu entziehen. Im Rahmen der Verbandstagung am 25.6. sollte darüber entschieden werden. Vor dem Hintergrund, dass der Verband selbst geäußert hatte, dass Chemie in der Flutlichtfrage an behördlicher Verschleppung scheitere, ist diese Vorgehen nur als Affront zu verstehen.

Die Verbandstagung

Freitag tagte der NOFV dann fünfeinhalb Stunden und die meiste Zeit ging es um die BSG Chemie und das Flutlichtthema. Vorstand Frank Kühne brach sogar seinen Urlaub ab, um vor Ort nochmal die Situation der BSG darzulegen, Sportbürgermeister Rosenthal setzte eigens ein Schreiben auf, um darzustellen, dass die BSG nicht vorankomme, da die Anträge im Verwaltungssumpf der Stadt versinken, jedoch garantiert werden könne, dass der Flutlichtbau im Laufe der Saison 21/22 genehmigt werden würde. Das alles jedoch interessierte insbesondere Uwe Dietrich wenig, er empfahl dem Verband wohl noch in der Sitzung, der BSG die Regionalligazulassung direkt zu entziehen. Am Ende einigte man sich auf einen faulen Kompromiss, und eine Gnadenfrist. Bis zum 20.7.2021 muss die BSG Chemie nun ein so spieltaugliches Stadion vorweisen, andernfalls darf sie in der Oberliga antreten. Der NOFV und seine speichelleckenden Berliner Clubs wollen uns aus der Liga werfen.

Langer und beschwerlicher Weg mit vielen Hindernissen – Flutlicht für Leutzsch © Höllenreiter

Der Verband

Vor diesem Hintergrund muss man natürlich erst einmal die Frage stellen, warum in der vierten Liga, einer Amateurliga, ein Flutlicht vorzuweisen ist. Für den Spielbetrieb von Mannschaften, die in der Regel nach Feierabend trainieren und spielen, ist dies ein riesige Einstiegshürde. Als Vertreter der Vereine müsste der Verband hier natürlich im Sinne der Clubs handeln. Im Sinne der Vereine wäre es also, die Aufgabe des Verbandes die Clubs zu schützen und zu unterstützen. Insbesondere nach der Coronakrise sollte man die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Clubs einschätzen können und verstehen, dass eine zusätzliche Belastung durch Stadionmiete oder Kosten für ein mobiles Flutlicht nach Corona die arg gebeutelten Clubkassen schwer belastet. Insbesondere von NOFV-Präsident Hermann Winkler, welcher durch seine politische Erfahrung Marktmechanismen verstehen müsste, hatte sich die BSG da mehr erwartet. Versprach Winkler doch noch im März dieses Jahres vollmundig: „Ich bin der letzte, der nicht zu Kompromissen bereit ist“. Einen sinnvollen Kompromiss im Sinne der Wirtschaftlichkeit und vor dem Hintergrund der Zusage durch den Brief der Stadt, den Bau des Flutlicht im Laufe der Saison zu genehmigen, wollte der Präsident dann plötzlich nicht mehr finden. Soviel zum Thema, der Verband sei die Interessenvertretung der Vereine.

Wobei, in gewisser Weise vertritt er ja die Interessen der anderen Clubs, welche die hohen Anforderungen schlucken und die teils utopisch hohen Kosten abfedern müssen. Dass dann die Berliner Clubs auf Gleichberechtigung pochen, ist grundsätzlich verständlich, aber derweil auch wieder nicht.

Die Berliner Clubs

Insbesondere nach den vergangenen anderthalb Jahren, der Corona-Krise und den damit verbundenen fehlenden Einnahmen müsste es eigentlich selbstverständlich sein, dass sich die Clubs untereinander solidarisch zeigen und sich gegenseitig unterstützen. Deswegen hätte man nicht nur für die BSG Chemie, sondern auch für Lichtenberg 47 auf eine weitere Ausnahmegenehmigung pochen sollen. Da Lichtenberg jedoch ins Poststadion, welches ja bekanntlich seit diesem Jahr Flutlicht besitzt, umzieht und dafür auch nicht wenig hinlegen dürfte, hat man sich in Berlin gegen den Rest der Liga verschworen. Dass der BAK fast 10 Jahre an der Flutlichtanlage für das Poststadion herumgebastelt hat und dabei fleissig Regionalliga ohne Licht spielen durfte, muss man in der hippen Hauptstadt wohl vergessen haben. Wir sollten uns überlegen, ob wir uns nicht in der kommenden Saison, bei einem Regionalligaverbleib, ähnlich solidarisch mit den Berliner Clubs zeigen und einfach auf einen Auswärtsbesuch, und damit auf unseren Beitrag zu den Einnahmen in die Kassen der speichelleckenden NOFV-Treuen verzichten. Es bleibt jedem selbst überlassen, herauszufinden, welcher Club dem Berliner Sumpf angehört.

Der Spielausschussleiter

Insbesondere der jüngste Artikel des MDR zeigt, dass der Spielausschussleiter Uwe Dietrich das Kernproblem immer noch nicht begriffen hat, indem er der BSG Chemie hier unterstellt, lieber in „Beine statt Steine“ zu investieren, während andere Vereine für ihr Flutlicht tief in die Tasche gegriffen hätten. Letztendlich muss man hier konstatieren, dass der feine Herr Dietrich anscheinend ein Problem hat, Zusammenhänge zu verstehen. Ihm müsste bewusst gewesen sein, dass das Geld für das Flutlicht bei der BSG auf einem seperatem Konto liegt und jederzeit einsatzfähig ist, die Realisierung des Flutlichts aber nach wie vor an der Stadt scheitert.

Ist in seiner Regelwelt fernab jeder Realität – Spielausschusleiter Uwe Dietrich © Mitteldeutscher Rundfunk

Die Stadt Leipzig

Bei all dem nachvollziehbaren Hass gegenüber dem Verband müssen wir aber nochmal ganz klar festhalten, dass uns und der BSG Chemie Leipzig die Regel mit der zweijährigen Ausnahme für das Flutlicht bekannt war und wir uns unter diesen Aspekten auf eine Teilnahme am Spielbetrieb in der Regionalliga eingelassen haben. Dass wir nun nach eigentlich 4 Jahren, wenn wir mal die mit dem Abstieg beendete erste Saison in der Regionalliga und die folgende Saison in der Oberliga einrechnen, immer noch ohne Flutlicht da stehen, verdanken wir in allererster Linie der Stadt Leipzig. Es muss zumindest hinterfragt, wenn nicht sogar scharf kritisiert werden, dass der Verwaltungsapparat es auch nach 16 (!) Monaten nicht schafft, über einen Bauvorantrag zu entscheiden. Die Behörden scheinen unfähig oder sind offenbar nicht willens, notwenige Baumaßnahmen einzuleiten, die neue Wasser- und Stromleitungen an den AKS bringen, die nun mal Grundvoraussetzung für die Errichtung der geforderten Flutlicht-Anlage sind. Und das obwohl die Gelder dafür seit einem guten Jahr im städtischen Haushalt bereitgestellt sind. Somit kommt die Stadt aus Fansicht eigentlich viel zu gut davon, ist sie doch hier letztlich der Hauptschuldige der Miserie, die die BSG Chemie nun die Regionalligazulassung kosten kann.

Und nun?

Der BSG Chemie bleibt jetzt bis zum 20. Juli lächerlich wenig Zeit, um irgendwie „die Klasse zu halten“. Ein Abstieg in die Oberliga Nordost-Süd stellt keine relevante Alternative dar, da anzunehmen ist, dass beispielsweise die Spielerverträge gar nicht für die fünfte Liga ausgelegt sind und der Verein somit binnen kürzester Zeit ohne Team dastehen würde.

Es bleibt der BSG demnach einerseits der Umzug nach Markranstädt. Dieser müsste jedoch für die gesamte Saison erfolgen und kann eben nicht nur für die Abendspiele erfolgen. Der Verband fordert, dass das Hauptstadion mit Flutlicht ausgestattet sein muss. Hinzu kommt, so munkelt man, dass auch dem Stadion am Bad aktuell die Regionalliga-Tauglichkeit fehlt und der Verein für Zuwegung und Blocktrennung Geld in die Hand nehmen müsste, um eine Spielgenehmigung zu erhalten.

Trotz Flutlicht noch nicht Regionalligatauglich – das Stadion am Bad in Markranstädt © Höllenreiter

Aber will man das wirklich? Chemie Leipzig ohne den Alfred-Kunze-Sportpark ist nicht vorstellbar. Deshalb bleibt eigentlich nur noch Variante zwei. Der AKS müsste mit einem mobilen Flutlicht ausgestattet werden, um so eine Spielerlaubnis zu erhalten. Vorstandsmitglied Kühne, beziffert die Kosten dafür auf 70.000 bis 100.000 Euro für die gesamte Saison 21/22. Geld was definitiv wehtut, da es dann an anderer Stelle fehlt. Es wäre mit dem Geld noch nicht getan, denn auch das mobile Flutlicht bedarf einer Genehmigung durch die Stadt Leipzig, genauer dem dortigen Umweltamt. Da der Alfred-Kunze-Sportpark in einem Naturschutzgebiet liegt, müssen hier emmissionsschutztechnische Faktoren beachtet werden. Eine mündliche Zusage hierfür läge wohl vor, was diese jedoch Wert ist, wird sich zeigen. Es verbleiben maximal vier Wochen, um das Flutlicht zu besorgen, aufzustellen und genehmigen zu lassen. Eine unglaubliche Frechheit vom Verband hier nicht früher in die Gespräche mit der BSG Chemie gegangen zu sein.

Fazit

Alles in allem ist diese Sache ein echter Stimmungskiller in der Vorbereitungsphase und die Wut auf Verband, Berliner Clubs, Dietrich und Stadt Leipzig ist nicht nur in Chemikantenkreisen recht hoch. Dennoch wollen und werden wir uns nicht von diesen Institutionen klein kriegen lassen. Wir sind Chemie, wir schaffen das irgendwie. Da der Verein wohl ebenfalls die mobile Variante zu bevorzugen scheint, können wir aktuell nur eins tun. Sorgen wir dafür, dass ihm kein finanzieller Verlust entsteht. Besuchen wir die Testspiele oder kaufen Tickets, obwohl wir nicht kommen. Man kann sich auch an der Geldspendeaktion der Diablos Leutzsch, via Paypal, beteiligen. Und zu guter Letzt, hoffen wir, dass Stadt und Verband am Ende diese Variante genehmigen. Der Verein ist sehr Optimistisch was das mobile Flutlicht angeht und hat bereits vorgesorgt! Zudem greift er in seiner wirklich sehr starken Stellungnahme, den Verband scharf an.

Chemies letzte Hoffnung – das mobile Flutlicht © Höllenreiter