„Wenn die Raketen zünden, geht’s vorne ab …“

Besser kann man das Spiel unserer glorreichen BSG gegen den BFC Dynamo kaum beschreiben. Gesagt hat diese Worte unser Kapitän Stefan Karau.

Wir schauen uns heute mal an, was da genau dahintersteckt, und wie die taktische Ausrichtung von Chemie im Generellen so aussah.

Besonderheiten in der Aufstellung:

Auf dem Papier hat Miroslav Jagatic ein recht klassisches 4-4-2 aufgeboten. Viererkette, zwei Sechser, zwei Außen, zwei Stürmer. Ganz so einfach ist es aber natürlich nicht. Wenn wir uns die Aufstellung und auch das Spiel genauer ansehen, fällt auf, dass vor allem auf den Außenbahnen zwei völlig verschiedene Varianten gespielt wurden. Während sich auf links Max Keßler und Manuel Wajer die offensiven und defensiven Aufgaben fast 50/50 geteilt haben, gab es auf rechts zwischen Morgan Faßbender (offensiv) und Benni Boltze (defensiv) klare Zuteilungen. So machte Faßbender mit temporeichen Dribblings und Einzelaktion viel Druck auf die BFC-Abwehr und spielte einen klaren Rechtsaußen. Abgesichert wurde er stets durch einen defensiv eingestellten Benni Boltze. Auf links wurden die Positionen viel flexibler umgesetzt. Im Angriff zog es Max Keßler immer wieder in die Halbräume zwischen den Defensivlinien der Berliner, während er von Manuel Wajer außen überlaufen wurde.

Das Defensivspiel

Chemie stand im gesamten Spiel recht kompakt und ließ nicht allzu viele Chancen zu. Gefährliche Aktionen entstanden überwiegend aus Zufällen, wie die Chance von Reher (13. Minute). Der BFC wusste meist nicht viel mit dem Ball anzufangen und so verteidigte Chemie das ganze Spiel recht souverän weg. Das Gegentor kurz vor Schluss verbuchen wir unter Unachtsamkeit. Hier hat Dynamo einen Freistoß schnell ausgeführt, ein guter Doppelpass von Brumme und Steinborn führte zum Tor.

Chemie lief den BFC etwa zehn bis 15 Meter in deren Hälfte an. Petracek und Mvibudulu verschoben in den Halbräumen zwischen den Innen- und Außenverteidigern. Die Außen sowie Nikolajewski und Wendschuch verteidigten meist auf einer Linie. Situationsbedingt schob einer der Sechser auch mal zwischen die Stürmer, um mehr Druck aufs Zentrum zu generieren, hier agierte Nikolajewski ein paar Mal etwas zu ungestüm, was hinter ihm einen großen Raum öffnete. Der wurde aber nicht gut genug bespielt, um daraus gefährliche Situation zu kreieren. Gegen spielstärkere Gegner sollte das nicht passieren. Wie bereits erwähnt stand man aber, wie auch in der vergangenen Saison, sehr sicher und kompakt.

Das Offensivspiel

Kurz gesagt spielte Chemie eine Art Kick and Rush. Es wurde nur selten geduldig über viel Ballbesitz angegriffen. Meist wurden lange Bälle auf die körperlich stabilen Petracek und Mvibudulu gespielt und dann der zweite Ball gepresst. Dies führte recht oft zu Ballgewinnen im Halbfeld der gegnerischen Hälfte. Dort wurde dann mit den vier Offensivspielern sehr flexibel angegriffen. Es wurde hauptsächlich auf direktes temporeiches Angriffsspiel gesetzt. So wurde Faßbender oft über rechts in Laufduelle geschickt, auch Petracek und Mvibudulu suchten immer wieder Räume hinter der BFC-Abwehr. Die Tore entstanden jedoch durch blitzschnelle Konter aus eigenen Defensivaktionen. Das 1:0 durch Petracek fiel nach einer verteidigten Einwurfflanke. Die wurde von Chemie abgeköpft und der Ball sofort Richtung Mittellinie gespielt. Dort stand Petracek schon im Eins-gegen-eins gegen seinen Verteidiger, der nicht mehr abgesichert war. Petracek ließ den Gegner ins Leere laufen und zündete dann einen 60-Meter-Turbosprint. Dass er den Ball dann auch noch überlegt einschob, war neu für uns alle. Drei Stationen und zwölf Sekunden zum ersten Saisontor.

Das 2:0 fiel nach einer von Benjamin Bellot abgefangenen Flanke. Der schlägt einen Abschlag auf Mvibudulu, der sich im Laufduell durchsetzt, den Ball am Torhüter vorbeilegt und dann locker einschiebt. Diesmal zwei Stationen und elf Sekunden zwischen Ballgewinn und Tor.

Das 3:0 erzielte dann Andy Wendschuch, zwölf Sekunden nach dem Ballgewinn durch Kirstein. Der zündete seinerseits mal kurz den Turbo, überlief auf rechts seinen Gegenspieler, zog in den Strafraum, sein Schuss wurde abgeblockt. Wendschuch schob nach und versenkte dann den Ball.

Alle drei Tore wurden jeweils in gut zehn Sekunden nach dem Ballgewinn in der eigenen Hälfte erzielt. Hier ist deutlich ein Muster zu erkennen.

Bellot war immer wieder der Initiator von Angriffssequenzen und Chancen. Nach Ballgewinn wurde der Ball gesichert und zu ihm gespielt, der BFC versuchte anzulaufen, Bellot schlug einen langen Ball auf Mvibudulu oder Petracek und dann wurde wieder, wie erwähnt, der zweite Ball gepresst. Oder die riesigen Räume durch Faßdender, Keßler oder später auch Luis genutzt. Das gesamte Spiel war auf lange Bälle und blitzschnelle Konter ausgelegt. Dafür wurden die Spieler verpflichtet, das wird der Plan für die meisten Gegner sein.

Was erwartet uns in Zukunft?

Wir werden selten den Ball haben, wir werden selten das Spiel machen müssen. Das haben wir uns verdient, soll der Gegner doch erst mal unsere Defensive knacken. Wir sind auch mit einem 0:0 zufrieden, jeder Punkt zählt dieses Jahr. Und wenn wir den Ball bekommen, dann geht’s ab nach vorne. Das Tempo der Offensive wird dieses Jahr Gold wert sein. Hoffentlich. Der Mix aus Körperlichkeit und Tempo, siehe Petracek, wird einige Verteidiger vor Probleme stellen. Wenn weiterhin so konsequent die Chancen genutzt werden, die wir uns „erspielen“, dann kann das alles sehr gut werden.

Es war ein sehr guter Start in die Saison, der Lust auf mehr macht. Zum Glück war der Auftakt aber nicht zu souverän, um gleich einen Höhenflug zu start. Aber die Tabelle rahmen wir uns trotzdem ein.

Ich bin gespannt, ob in den kommenden Wochen auch einige Ballbesitzpassagen entstehen können und zum Beispiel Nikolajewski sein fußballerisches Können noch stärker offensiv einsetzen kann.

Ich werde die Saison über immer wieder ein paar taktische Aspekte beleuchten. Um richtige Analysen vorzunehmen, brauchen wir aber noch ein paar Spiele. Wir sind natürlich auch offen für Vorschläge, Input oder gerne auch Fragen oder Themen, egal ob taktisch oder nicht, die wir für euch näher beleuchten sollen.

Lochi