BSG History III

*Ding Dong* Zeit für die nächste Geschichtsstunde. Ihr habt die ersten beiden verpasst? Dann solltet ihr den Stoff schnellstmöglich nachholen!

Leutzsch lebt noch

Im September 1954 gründet sich aus der SC Lokomotive die „BSG Chemie Leipzig-West“ heraus neu. Viele Informationen über diese Zeit gibt es nicht. Nur eines, ohne die Fuktionäre Arno Huhn und Otto Thiele und Ex-Spieler Walter Rose hätte der kleine, neue Verein, der Chemie nun urplötzlich war, nicht überleben können. 4000 Zuschauer besuchten immerhin das erste Punktspiel des Vereins in der fünftklassigen Bezirksklasse.

Im Sommer 1957 fusionierte Chemie-West mit Chemie-Südwest. Nicht nur dass sich der Verein nun wieder „BSG Chemie Leipzig“ nennen konnte, es kamen auch neue, benötigte Spieler und die VEB Elguwa kam als Trägerbetrieb hinzu.

BSG Chemie Leipzig im Jahre 1961 (1. Kreisklasse, Staffel 2); von hinten links: Berger, Lehmann, Busch, Weber, Baumann, Döring, Budig, Franze, Wehrfeld, Geisler, Huhn, Hildenhagen, Patschewitz, Rothe, Kirsten, Steinert Quelle: Webseite Chemie Leipzig

Doch dann wiederrum das Unglaubliche, die Sportgewaltigen in Leipzig wollten Rotation und den SC Lok auflösen, obendrauf sollte Leutzsch wieder ihre Oberligazugehörigkeit bekommen. Für einige Jahre war der große und stolze Verein beinahe in der Versenkung verschwunden. Doch dank einer handvoll Freiwilliger die nicht verzagten, konnte Chemie wieder im großen Stile auferstehen. Leider wurde diese Mannschaft, die den Verein am Leben hielt, nur als III. Mannschaft in die neue „BSG Chemie Leipzig“ eingegliedert. Viele Spieler fühlten sich wie das fünfte Rad am Wagen, manche beendeten ihre Karriere, andere gingen vom Verein ab. 1976 wurde die III. Mannchaft dann komplett aufgelöst.

1963 wurde die BSG Chemie also aufgrund der Neustrukturierung im Leipziger Fußball erneut ins Leben gerufen. Chemie bekam allerdings die vermeintlich „nicht förderungswürdigen“ Spieler zugeteilt. Die „besten“ Spieler kamen zum Lokalrivalen „SC Leipzig“ (später die Unaussprechbaren aus dem verbotenen Stadtteil). Per Auswahltrainig entschied ein Gremium welche Spieler wohin gehen. Die wenigsten trauten den Leutzschern mit ihren Kader auch nur den Klassenerhalt zu. Die Legende vom „Rest von Leipzig“ begann.

Bei der ersten Zusammenkunft der Mannschaft, sagte Alfred Kunze „spürte ich zum ersten Mal, dass in dieser Truppe deutlich mehr steckte, als man ihr allgemein zutraute“. Die Spieler schienen sich ihrer Lage bewusst. Eine „Jetzt erst Recht!“-Mentalität flammte auf. Sie sollten schlechter sein als Spieler mit denen sie zu Teilen jahrelang zusammengespielt haben? Niemals.

Der Meisterkader in der Saison 1963/64 – Quelle: Webseite Chemie Leipzig

Es ist der 11. August 1963, Wismut Aue ist als erster Punktspielgegner zu Gast in Leutzsch. 20.000 Zuschauer wollen Chemie sehen. Trainer Kunze bereitet die Mannschaft vor – als würde er ein paar Dutzend blutjunger Soldaten für den Krieg bereit machen. Eine emotionale Ansprache, gefolgt von einem innigen Mannschaftskreis und an der Tür prangt ein Schild mit der Aufschrift „Wer nicht alles gibt, gibt nichts!“. Am Ende gewinnt Chemie 2:0 durch 2 Tore von Dieter „Schere“ Scherbarth.

Doch Chemie gewinnt nicht nur das Spiel inklusive der 2 Punkte, sondern auch die Sympathien der Zuschauer. Man will lieber zu Chemie statt zu den geförderten und vom Staat bevorzugten SC. Im weiteren Saisonverlauf punktet Chemie sehr konstant – ist mit „Motor Steinach“ jetzt schon eine riesige Überraschung. Auch die Rathausmannschaft vom SC wird mit 3:0 vor 35.000 im Zentralstadion zerlegt. Nur gegen Ende der Hinrunde erlaubte sich das Team eine kurze Schwächephase – überwinterte deswegen „nur“ auf Platz 3.

Am 10. Mai 1964 war es dann soweit – die BSG brauchte am letzten Spieltag bei Turbine Erfurt nur noch einen Punkt zur Meisterschaft. 10.000 Grün-Weiße Schlachtenbummler begleiteten die Mannschaft. Durch Tore von Wolfgang Behla und Manfred Walter gewinnen die Leutzscher 2:0 und sind Meister. Nach Schlusspfiff stürmen Fans das Spielfeld, die Spieler werden um ihre Schuhe, Stutzen oder Trikots erleichtert. Die Feierlichkeiten neben kein Ende. Egal ob auf der Autobahn gen Leipzig, oder nach Ankunft in der Stadt – die Chemiker feiern sich und ihre Helden gebührend!

BSG Chemie Leipzig in der Saison 1963/64, vor dem Titelgewinn in Erfurt; von links: Lisiewicz, Behla, Slaby, Sannert, Krause, Herzog, Scherbarth, Pacholski, Herrmann, Sommer, Walter Quelle: Webseite Chemie Leipzig

Das war ein weiterer Text über die Geschichte des Fußballs in Leutzsch. Nächsten Sonntag folgt dann der nächste Text der von der Nachfolge-Meistersaison bishin zum Beginn der Siebziger führt. Falls ihr nicht so lange warten könnt, dann schaut euch doch dieses Video an!