BSG-History

Erst Corona-Pause, nun Sommerpause. Höchste Zeit also, mal was über die Historie der BSG Chemie zu berichten. Wenn nicht jetzt wann dann? Jeden Sonntag kommt ab jetzt ein Text aus einer Epoche Leutzscher Fußballgeschichte. Am Ende heißt es wie im Geschichtsunterricht früher – „leeres Blatt vor die Nase! Ich hoffe ihr habt genug mitgeschrieben…“ 😉

Britannia 1899 Leipzig im Jahre 1911; von links: Bohne, Faust, Laschinsky, Witte, Bohne,W., Pötzsch, Lorenz, Beth. Sitzend: Geißler, Frohn, Max Krauß Quelle: Webseite Chemie Leipzig

Der Leipziger Fußball lernt laufen

Im Jahre des Herrn 1899 – genauer gesagt am 30. August 1899 – gründeten 14 Jugendliche in totaler Euphorie nach dem Besuch des Spiels Lipsia Eutritzsch gegen die SG Olympia Leipzig den Verein Britannia 1899 Leipzig in der Gaststätte Frankfurter Torhaus, in Anlehnung an den aufstrebenden Fußballclub Berliner Thor- und Fußball-Club Britannia 1892 – der heutige Berliner SV 1892 pendelt zwischen Bezirks- und Kreisliga. Britannia spielte zunächst in blauen Shirts – mit einem gesticktem „B – und weißen Hosen an der Merseburger Straße in Lindenau. Nennenswerte Erfolge konnten allerdings nicht verzeichnet werden.

Das heutige Gelände an der Merseburger Straße Quelle: Leipziger-Fußball

Nach dem 1. Weltkrieg fusionierte Britannia mangels Mitglieder mit Hertha 05 zum Leipziger Sportverein 1899 – kurz LSV 1899.

Der Zusammenschluss funktionierte und der Verein entwickelte sich sportlich und finanziell weiter.

TuRa 1899: Rasensport, als das noch cool klang.

Im November 1938 fusionierte der LSV mit den ebenfalls sportlich und finanziell gut aufgestellten SV TuRa Leipzig, der 1932 von Karl Schwarz gegründet wurde. Jener steckte als Leiter einer Automatenfabrik einiges an Geld in den neuen Verein. Die Spieler waren quasi Halbprofis – obwohl das damals noch keiner sagen durfte, da Fußball in Deutschland noch eine Amateursportart war. So spielten viele der besten Spieler Leipzigs, aber auch Spieler aus dem Westen (beispielsweise die Gebrüder Schmidt aus Bielefeld) für die Leipziger TuRa. Daraus wurde durch den Zusammenschluss nun TuRa 1899 Leipzig. Der Vollständigkeit halber: diese Fusion war von beiden Seiten nicht angestrebt worden, die Politik wollte im Westen Leipzigs aber EINEN großen Verein haben. Mit der TuRa aus Leutzsch und dem LSV aus Lindenau gab es da jedoch zwei Vereine, die zu EINER Großmacht werden sollten. Dadurch hatte der Verein nun satte 30 (!) Mannschaften im Spielbetrieb: 10 Herrenmannschaften, 13 Jugendmannschaften, 4 Altherrenteams sowie 3 Mannschaften im Handball.

Tura 1899 Leipzig im Jahre 1939; von links: Weidner, Zander, Brembach, Sommer, Carolin, Goedicke, Pfau, Trisch; dahinter: Sportlehrer Riedel, Bamberg, Frenkel, Neustadt, Pönert, Bossenz, A. Schmidt Quelle: Webseite Chemie Leipzig

Der Turn- und Rasensportverein zog viele Zuschauer an. Nicht selten strömten über 10.000 Menschen nach Leutzsch. Die ganz große Zeit war nur bereits vorüber. Die Spieler, die vorher bei der TuRa von 1932 um Meistertitel mitspielten, waren nun im Ruhestand. Doch so ging es auch dem VfB, der Fortuna oder Wacker Leipzig. Der große Fußball in Leipzig war vorerst vorüber.

1942 stieg die TuRa dann aus der Gauliga Sachsen ab. Doch gegen alle Erwartungen schafften sie den direkten Wiederaufstieg und wurden – zugegeben, Sportergebnisse im zweiten Weltkrieg sollte man differenziert sehen – zu Leipzigs Top-Club. 1944 wurden sie 6. in der Gauliga Sachsen, und somit bester Leipziger Verein.

Die Nachkriegszeit: Fußball im Bezirk

Nach Ende des 2. Weltkrieges war nicht mehr an Fußball zu denken. Trümmer allerorts, zudem verloren viele Vereine Spieler, Funktionäre und Mitglieder im Krieg. Dazu kam die Politik der Besatzungsmächte, welche die alten, traditionsreichen Vereine ausnahmslos auflösten. In Großstädten durften Spieler nur für Vereine in jenem Bezirk spielen, in dem sie auch wohnten. Das war ein großer Rückschritt für den Fußball im Osten.

Die Kicker der TuRa wurden derweil mal wieder umgenannt, so hieß der Verein ab August 1945 SG Leutzsch. 1948 organisierte der Vorstandsvorsitzende Karl Plättner den Abbau, Transport und Wiederaufbau der Holztribüne am Elsterflutbecken. Bis heute kursieren davon immer noch Legenden wie bzw. auf welche Weise die ehemalige Regatta-Tribüne den Weg ins Leutzscher Holz gefunden hat. Vom Ab- und Aufbau innerhalb einer Nacht bis zu der offiziellen Version des kräftezehrenden Abbaus, kombiniert mit dem über ein Jahr dauernden Wiederaufbau in Leutzsch: Es gibt allerhand Varianten dieser Geschichte.

Komplizierter als manches Studium – die Historie der BSG Chemie. Quelle: Wikipedia

Lange kein neuer Vereinsnahme mehr, oder? Am 21. März 1949 wurde auf einer erweiterten Vorstandssitzung die ZSG Industrie Leipzig gegründet. Mit der SG Leutzsch fusionierten aber auch die SG Lindenau-Hafen, SG Leipzig-Aue, SG Böhlitz-Ehrenberg und die SG Leipzig Mitte zum neuen Leutzscher Verein. Das erste Spiel gewann die neue ZSG Industrie mit 5:1 gegen Union Oberschöneweide (Vorgängerverein von Union Berlin) vor 25.000 in Leutzsch.

Die ZSG Industrie gewann auf Anhieb die Stadtmeisterschaft und duellierte sich mit Meerane und dem Dresdner SC um die Sachsenmeisterschaft, zog aber am Ende in der Finalrunde den kürzesten und wurde Dritter.

Das war der erste Text über die Geschichte des Fußballs in Leutzsch. Nächsten Sonntag folgt dann ein zweiter Text über die nächste Epoche. Falls ihr nicht so lange warten könnt, dann schaut euch doch dieses Video an!